

Prof. Dr. Kai-Markus Müller
Juni 16, 2025
Revenue Management
Personalisierte Preise: Die Zukunft der Hotellerie?
Wie intelligente Preisgestaltung in Zukunft Gäste begeistern – und nicht abschrecken – könnte
Personalisierte Preise: Revolution oder Risiko?
Die Idee klingt verlockend: Preise, die sich individuell an den einzelnen Gast anpassen. Wer oft bucht, bekommt bessere Konditionen. Wer einen bestimmten Zimmertyp bevorzugt, erhält genau die richtige Empfehlung. Und wer flexibel ist, kann von besonders attraktiven Angeboten profitieren.
Im E-Commerce ist das längst Standard. Aber funktioniert das auch in der Hotellerie?
Hier wird es knifflig. Denn Hotels sind keine austauschbaren Produkte, sondern Orte mit Charakter, Atmosphäre und individuellen Erlebnissen. Ein Hotelaufenthalt ist keine Massenware. Und genau deshalb muss personalisierte Preisgestaltung anders als bei Flugtickets oder Online-Shops gedacht werden.
Eine aktuelle Studie zeigt, dass Gäste Preisunterschiede innerhalb einer Buchungsplattform oft als unfair empfinden und je nach Kontext die Schuld entweder dem Hotel oder der Buchungsplattform zuschreiben (Ying et al., 2024). Eine zu offensichtliche Personalisierung kann daher eher Skepsis als Loyalität erzeugen.
Mehr als nur dynamische Preise
Dynamisches Pricing, also die Anpassung von Preisen an Angebot und Nachfrage, ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit in der Branche. Doch personalisierte Preise gehen weiter:
- Sie berücksichtigen nicht nur Marktdaten, sondern auch den individuellen Gast.
- Sie zielen darauf ab, das perfekte Angebot für die jeweilige Person zu finden.
- Sie können dabei helfen, die Wertwahrnehmung zu steigern – wenn sie richtig eingesetzt werden.
Doch genau hier liegt die Herausforderung.
Die Gefahr der Vergleichbarkeit
Was passiert, wenn die Ehefrau auf ihrem Tablet für dieselbe Reise plötzlich einen anderen Preis sieht als ihr Ehemann am PC? Die Antwort ist einfach: Man trainiert die Gäste darauf, Schnäppchenjäger zu werden. Wer merkt, dass Preise für dieselbe Leistung variieren, wird versuchen, den besten Deal zu finden – und das Vertrauen schwindet.
Das ist der schmale Grat personalisierter Preise:
- Transparenz vs. Wertwahrnehmung – Wie viel sollten Gäste über die Preislogik wissen?
- Individualität vs. Vergleichbarkeit – Wie vermeidet man, dass Gäste sich ausgetrickst fühlen?
- Erlebnis vs. Transaktion – Wie bleibt die Hotelbuchung ein emotionaler Moment und wird nicht zum Preis-Poker?
Die Lösung? Unvergleichbarkeit.
Wissenschaftliche Untersuchungen, wie z.B. eine beeindruckende Studie, die an der Universität Princeton von Nicholas Buchholz und seinen Kollegen durchgeführt wurde, zeigen, dass personalisierte Preise das Konsumentenverhalten langfristig beeinflussen. Werden Kunden darauf trainiert, Preise aktiv zu vergleichen, kann dies zu einer verstärkten Schnäppchenmentalität führen – mit negativen Folgen für die Kundenbindung (Buchholz et al., 2024).
Warum Unvergleichbarkeit und erlebbare Mehrwerte entscheidend sind
Die Studie von Buchholz und Kollegen zeigt, dass personalisierte Preise besonders gut funktionieren, wenn sie mit einem spürbaren Mehrwert für den Gast kombiniert werden. Das Studienbeispiel aus der Taxi- und Fahrdienstbranche: Kunden akzeptieren Preisunterschiede eher, wenn sie an Wartezeiten gekoppelt sind. Das bedeutet, dass ein Fahrgast, der sofort losfahren möchte, mehr zahlt als jemand, der bereit ist, ein paar Minuten zu warten. Dieser Ansatz macht Preisvariationen nachvollziehbar und reduziert das Gefühl der Willkür.
Übertragen auf die Hotellerie heißt das:
- Preisunterschiede sollten immer mit greifbaren Vorteilen verbunden sein, etwa einem besseren Zimmer, früherem Check-in oder zusätzlichen Annehmlichkeiten.
- Der Kunde sollte das Gefühl haben, für sein Geld mehr zu bekommen – nicht einfach nur mehr zu zahlen.
- Wenn Preise variieren, sollte sich auch das Angebot verändern, damit die Gäste keinen Grund haben, Preise direkt zu vergleichen.
Kurz gesagt: Wenn der Preis unterschiedlich ist, dann sollte auch das Produkt unterschiedlich sein.
Fazit: Die Zukunft personalisierter Preise liegt im richtigen Maß
Personalisierte Preise können ein Gamechanger sein – wenn sie richtig umgesetzt werden. Es geht nicht darum, Gäste mit variierenden Preisen zu verwirren, sondern darum, ihnen maßgeschneiderte Erlebnisse zu bieten.
Noch sind viele Fragen offen:
- Wie weit akzeptieren Gäste individuelle Preisgestaltung?
- Wo liegt die Grenze zwischen intelligenter Personalisierung und Intransparenz?
- Welche Rolle spielt Technologie, um das Erlebnis statt nur den Preis zu optimieren?
Eines ist sicher: Wer es schafft, personalisierte Preise unsichtbar, aber wirkungsvoll zu gestalten, wird langfristig profitieren. Es bleibt spannend, wie sich die Hotellerie in diesem Bereich weiterentwickeln wird.
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Ying, T., Zhou, B., Ye, S., Ma, S. D., & Tan, X. (2024). Oops, the price changed! Examining tourists’ attribution patterns and blame towards pricing dynamics. Tourism Management, 103, 104890.
Buchholz, N., Doval, L., Kastl, J., Matejka, F., & Salz, T. (2024). Personalized Pricing and the Value of Time: Evidence from Auctioned Cab Rides. National Bureau of Economic Research, Working Paper.
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