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Studie: Ist das Geschäft oder die Familie wichtiger?

Familiengeführte Hotelbetriebe während COVID-19

 
Diese Studie wurde im Zuge der Masterarbeit von RateBoards Mitarbeiterin Mirjam Mischi, Msc. durchgeführt und wurde im März 2023 von der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft mit dem DGT-Wissenschaftspreis 2023 ausgezeichnet. Es wurde untersucht, wie UnternehmerInnen in  der Ferienhotellerie die Zeit der Pandemie genutzt haben, inwiefern sich das Geschäftssystem und das Familiensystem überlagert haben und in welchem Ausmaß Innovationen stattgefunden haben. Die Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen von COVID-19 auf das Familiensystem mit den Auswirkungen auf das Geschäftssystem zusammenhängen. 
 
Die Pandemie hatte Auswirkungen auf alle Sektoren, Länder, sowie auf das Leben der Menschen und sorgte für eine außergewöhnliche, noch nie dagewesene Situation. Der Tourismussektor ist im alpinen Raum dominiert von kleinen und mittleren familiengeführten Unternehmen, welche als Rückgrat von Tourismusdestinationen bezeichnet werden können. InhaberInnen von Familienunternehmen traf die COVID-19 Krise gleich zweimal, einmal als Geschäftsführende des Betriebs und einmal als Privatpersonen, als Teil einer Familie. Durch das Zusammenspiel von Familie und Betrieb streben FamilienunternehmerInnen neben wirtschaftlichen Zielen auch nach nicht-wirtschaftlichen Zielen, um das Wohlergehen der Familie und gleichzeitig die Liquidität des Unternehmens zu wahren. 
 
Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob und wie die Folgen der Krise und neue Zeitressourcen sich auf die Familie auswirkten, wie sich diese mit dem Geschäftssystem überlagerten und in welchen Bereichen Innovationen stattgefunden haben. Die empirische Studie wurde im Frühjahr 2022, genau zwei Jahre nach Ausbruch der COVID-19 Pandemie durchgeführt. Der Forschungsschwerpunkt lag bei UnternehmerInnen in der Südtiroler Ferienhotellerie. Dazu wurden Interviews mit UnternehmerInnen von familiengeführten Hotels in der alpinen Region Südtirols durchgeführt. 
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Wichtigste Erkenntnisse

Veränderung der Prozesse
Die Ergebnisse zeigen, dass UnternehmerInnen der Ferienhotellerie während des Lockdowns ihre Prozesse überdachten. Die Reflektion wurde hauptsächlich durch die neu verfügbare Zeit ausgelöst, die sich aus der Schließung der Hotels und der guten Kommunikation innerhalb der Familie ergab. 
“Wir brachen aus unserer täglichen Routine aus und hatten die Zeit, viele Dinge zu überdenken und Prozesse aus einer neuen Perspektive zu untersuchen.” 
Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass UnternehmerInnen von Familienbetrieben stark engagiert sind, um das Unternehmen zu erhalten, da die gesamte Familie davon abhängig ist. Das Familienunternehmen ist nicht nur eine Einkommensquelle, sondern auch das wichtigste Vermögen der Familie. Sie gaben an, während der Lockdowns teilweise an existenziellen Ängsten zu leiden.
 
Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die COVID-19-Krise den Nachfolgeprozess beschleunigt hat. Die Krise löste den Wechsel zwischen den Generationen schneller aus, weil die ältere Generation müde oder gar krank war. Daher nutzen die NachfolgerInnen die Krise als Anreiz, das Geschäft zu übernehmen. Eine neue Generation bedeutet frischen Wind und neue Impulse für das Unternehmen, was zur Innovation und Geschäftsentwicklung beiträgt. 
 
Tourismus als Arbeitgeber
Außerdem zeigen die Ergebnisse, dass durch die COVID-19-Krise die Attraktivität des Tourismussektors für Arbeitnehmende gesunken ist. MitarbeiterInnen sehen den Tourismus nicht mehr als sicheren Arbeitsplatz an. Aus diesem Grund sind UnternehmerInnen von Familienbetrieben in der Hotellerie jetzt zunehmend um das Wohlbefinden ihrer MitarbeiterInnen bemüht, um vor allem langfristige MitarbeiterInnen zu halten. Diese Ergebnisse zeigen, dass es für UnternehmerInnen der Ferienhotellerie von entscheidender Bedeutung ist, eine nachhaltige Umgebung für ihre MitarbeiterInnen zu schaffen und sich sozial zu engagieren, um die sozialen Beziehungen zu Ihren MitarbeiterInnen aufrecht zu erhalten, wie diese Aussagen darlegen: 
“Wir haben unsere MitarbeiterInnen immer weiter bezahlt, obwohl es keine Arbeit gab. Man braucht gute Mitarbeiter, sonst geht es nicht.“ 
oder
“Früher ging es ausschließlich um die Rentabilität, aber jetzt spielt auch der soziale Faktor eine Rolle.” 
Veränderung der Gästestruktur
Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass familiengeführte Hotels großen Wert auf die Beziehung zu ihren Stammgästen legen. Die Auswirkungen von COVID-19 haben jedoch gezeigt, dass Stammgäste in vielen Fällen zur älteren Generation gehören und am meisten Angst haben, sich mit dem Virus zu infizieren. Aus diesem Grund  stellten die UnternehmerInnen zunehmend eine neue Gästestruktur von jüngeren und regionalen Gästen fest, die andere Bedürfnisse haben und kurzfristiger buchen. Dementsprechend mussten Hoteliers sich an der neuen Gästestruktur orientieren und neue Wege finden, um auch diese anzusprechen. Die Ergebnisse zeigen erhöhte Marketingaktivitäten, um neue KundInnen zu erreichen. 
 
Mehr Zeit für Familie
Die Ergebnisse zeigen ferner, dass die Familienmitglieder die neu gewonnene Freizeit während der Lockdowns mit ihrer Familie verbrachten oder ihren Hobbys nachgingen. Sie genossen die zusätzliche Zeit und erkannten die Nachteile der Überlagerung von Familie und Geschäft sowie des 24/7-Arbeitsalltags, wie diese Aussage zeigt: 

“Innerhalb der Familie und persönlich hatten wir eine großartige Zeit. Ich hatte noch nie so viel Zeit in meinem Leben und habe sie gut genutzt.” 

Daher gaben viele Hoteliers an, in Zukunft mehr Wert auf Familie und gemeinsame Zeit zu legen, indem sie sich freie Tage nehmen oder die Saisonen verkürzen.
 
Zudem verdeutlichen die Ergebnisse, dass die Veränderungen im Geschäft eher stufenweise und nicht radikal stattfanden. Die COVID-19-Krise rief Ängste und Sorgen hervor, die Beziehungen und Ressourcen wie Humankapital zu verlieren. Dementsprechend war der Wunsch, das Familienvermögen (Social Capital) und die Beziehungen zu externen Interessengruppen zu erhalten, vorherrschend. 

 

Veränderung gestalten: Lösungsansätze, um auch in unsicheren Zeiten erfolgreich zu bleiben

Die neu verfügbare Zeit ist eine hervorragende Gelegenheit, alte Prozesse neu zu überdenken. Das Geschäftsmodell sollte jedoch aktiv und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Daher ist Innovation nicht nur ein Mittel, um eine Krise zu überwinden und zu überleben, sondern vor allem, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Die Anpassung des Geschäftsmodells ist auch für die neue, jüngere und regionale Gästestruktur notwendig, die flexibel und kurzfristig bucht. Marketingmaßnahmen, gute Kommunikation und Flexibilität sind unerlässlich. Mit Revenue Management und einer dynamischen Preisstrategie ist ein Hotelbetrieb hervorragend gewappnet und kann schnell und flexibel auf eine verändernde Umwelt reagieren. 
 
Zudem empfiehlt die Studie eine stärkere Beteiligung an sozialem Engagement, um den MitarbeiterInnen einen sicheren und stabilen Arbeitsplatz zu ermöglichen, an dem Familie und Arbeit miteinander vereinbar sind. Daher muss die Arbeit im Tourismus- und Gastgewerbe für junge Menschen attraktiv gemacht werden (Artikel Employer Branding). 
 
Darüber hinaus ist der Fokus auf Digitalisierung entscheidend, um neue Strategien zu etablieren, Prozesse zu verbessern und eine nachhaltigere Umgebung zu schaffen. UnternehmerInnen sollten neue digitale Technologien nutzen, um Prozesse zu automatisieren, Kosten und Zeit zu sparen, den Marktanteil zu erhöhen oder die Kundenzufriedenheit und das Vertrauen zu steigern.  RateBoard bietet das optimale Tool dazu, um Digitalisierung im Betrieb voranzutreiben.
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